Kafka´s Messetagebuch - Fiber Days 2022, Teil 1/3

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Gerhard Kafka arbeitet als freier Fachjournalist für Telekommunikation in Egling bei München.

 

Mitte Juni 2022 haben endlich wieder die Fiberdays im RheinMain Congress Center (RMCC) in Wiesbaden stattgefunden. Die auf Glasfaserinfrastruktur fokussierte Ausstellung wurde von einem spannenden Kongressprogramm begleitet und wartete mit besonderen Highlightflächen auf: Media Hall, GAIA-X/Rechenzentren, 5G Campus Lösungen, Smart City, Glasfaserbörse und Start-up-Hub. Mit mehr als 5.500 Fachgästen und mehr als 230 Ausstellern wurden an zwei Veranstaltungstagen neue Maßstäbe gesetzt. BREKO als Ausrichter hat damit den Treffpunkt für TK-Anbieter, Stadtwerke, mittelständische Unternehmen, Planer, Kommunen und die Wohnungswirtschaft gefestigt. Nur in Halle Nord gab es enttäuschte Aussteller, die ihren Messestand in unmittelbarer Nähe des geplanten BREKO-Cafés gebucht hatten. Das Café wurde nämlich ersatzlos gestrichen. „Politik, Verwaltung und Verbände arbeiten an Lösungen, wie wir Deutschland bis 2030 flächendeckend mit echter Glasfaser ausstatten,“ resümiert BREKO-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers und ergänzt: „Wir haben dem nach der Pandemiezeit entstandenen Messehunger der Branche Rechnung getragen und die Messefläche auf 10.000 Quadratmeter und zwei komplette Messehallen erweitert.“

Auf vier Bühnen war ausreichend Platz für Panels und Präsentationen zu Themen wie Smart City und Smart Regions, Rechenzentren und Nachhaltigkeit sowie dem Fernsehen der Zukunft. Ferner wurde über Tiefbau, Gebäudeverkabelung, 5G-Campusnetze, Startup-Kooperationen und Open Access intensiv debattiert. Die hessische Digitalministerin, Prof. Dr. Kristina Sinemus, hat in ihrer Keynote deutlich unterstrichen, dass die politischen Ziele Gigabit für alle bis 2025 und Glasfaser für jeden Haushalt bis 2030 nur durch sinnvolle Kooperationen erreicht werden können. Und sie war sichtlich hocherfreut zu einem physikalisch anwesenden Publikum sprechen zu dürfen anstatt wie bisher zur üblichen „Kachelgemeinschaft“ per Bildschirm. Ihr folgten Daniela Kluckert, parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Digitales und Verkehr sowie Meta Group Director DACH & EMEA Kai Herzberger, der überzeugend darlegte, dass wir uns schon in fünf Jahren virtuell und holografisch im Metaversum treffen werden. Ich kann mir da nur schwer vorstellen künftig auf einen kräftigen Händedruck, eine liebevolle Umarmung oder sogar ein fühlbares Küsschen auf die Wange verzichten zu müssen. Schon eher kann ich mir gut vorstellen, dass das Metaversum ein ähnliches Schicksal wie Second Life erleben wird.

Im anschließenden hochkarätig besetzten und von Jens Böcker, Marketingprofessor Hochschule Bonn-Rhein-Sieg moderierten CEO-Panel „Glasfaserinvestitionen for Future“ mit Soeren Wendler, CSO Deutsche GigaNetz, Thorsten Dirks, CEO Deutsche Glasfaser, Stefan Holighaus, Geschäftsführer DNS:NET, Jürgen Hansjosten, CEO InfraFibre Germany sowie Jens Prautzsch, CEO Unsere Grüne Glasfaser wurden alle aktuell heißen Themen des Glasfaserausbaus diskutiert. Lediglich Srini Gopalan, Vorstandsmitglied Deutsche Telekom hatte kurzfristig seine Teilnahme abgesagt. Einigkeit herrschte bei der Notwendigkeit, die aktuelle Marktdynamik und die umfangreichen Investitionszusagen privater Akteure nicht durch eine überbordende öffentliche Förderpolitik zu gefährden. Mehrfach wurde die Erwartung eines „Fördertsunamis“ thematisiert, der das aktuell erfolgreiche Investorenmodell kaputtmache. Insgesamt stehen derzeit rund 50 Mrd. EUR an Investorenkapital für den Glasfaserausbau zur Verfügung. Dazu kommen nochmals rund 30 Mrd. EUR, welche die Telekom investieren will. Deshalb müsse der heute praktizierte geförderte Überbau unbedingt vermieden werden. Ebenfalls Thema der Diskussion waren die sehnsüchtig erwartete Gigabitstrategie der Bundesregierung, sinnvolle Dosierung der Förderung, akuter Fachkräftemangel, Inflation, alternative Verlegeverfahren, Open Access und langwierige Genehmigungsverfahren.

Wendler sieht noch viel Potenzial in der besseren Kommunikation über den Mehrwert der Glasfaser, um so die Nachfrage zu steigern: „Glasfaser kann so viel mehr als Kupfer. Sie liefert Antworten für den ländlichen Raum oder für energiesparende Mobilität. Wie können wir unseren Bürgern besser erklären, dass Glasfaser ein hochwertigeres Produkt ist?“ fragt er in die Runde. Dirks betonte, es müsse Wettbewerb bei den Diensten auf der Infrastruktur geben, aber nicht bei parallelen Infrastrukturen. „Wir werden keine Glasfaser überbauen. Haben wir nie und werden wir nicht. Wenn jemand unsere Infrastruktur nutzen will, gibt es ein Open Access Angebot,“ bringt er es auf den Punkt. „Der Glasfaserausbau ist auf dem richtigen Weg und das Kapital vorhanden,“ sagt Holighaus und fährt fort: „Aber es handelt sich um einen Marathon, der durch den geförderten Überbau empfindlich gestört werden könne. Auf den Hinweis von Dirks, dass die Endkundenpreise jetzt nach oben korrigiert werden müssten stellt Holighaus die Frage: „Wer wird der erste sein? Und dann als Prügelknabe dastehen?“ Hansjosten freute sich, dass Investoren den deutschen Glasfasermarkt für sich entdeckt haben. Aber auch er sorgt sich um die steigenden Inflationsraten, die früher oder später zwangsläufig auch zu höheren Vorleistungspreisen innerhalb der Branche führen müssten. Beim Ausblick auf das Jahr 2025 rechnet Prautzsch vor: „Wir können vier bis fünf Millionen Anschlüsse im Jahr bauen. 2025 werden wir sehr viel weiter sein als heute, aber eben noch nicht fertig, sondern eher bei der Hälfte des Weges.“ Zusammenfassend sind für den erfolgreichen Glasfaserausbau erforderlich:

1. Priorität für den eigenwirtschaftlichen Ausbau 

2. Digitale und standardisierte Prozesse in den Genehmigungsverfahren 

3. Einsatz alternativer Verlegungsmethoden

4. Regulierung mit Augenmaß und

5. Gegensteuerung zum Fachkräftemangel z.B. durch Schulung. 

Alexander Handschuh, Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, stellte die Umfrage „Zukunftsradar Digitale Kommune“ vor und betonte die zentrale Rolle der Digital- und Glasfasermesse: „Um Deutschland flächendeckend mit Glasfaser auszubauen, sind Kommunikation und Zusammenarbeit besonders wichtig. Die Fiberdays leisten hierzu einen entscheidenden Beitrag, indem sie Unternehmen, öffentlichen Sektor und Kommunen in den Austausch bringen.“

Was bei mir nicht funktioniert hat, war die Fiberdays App auf meinem Smartphone Gigaset. Dr. Albers hat mir zwar gezeigt, dass die App auf seinem Apple-Handy problemlos läuft, aber alle Besucher, die ich danach befragte, haben bestätigt, dass sie die App auch nicht nutzen können – vielleicht doch ein Systemfehler? Und zuletzt noch eine persönliche Bemerkung: Trotz mehrmaliger Bitte am Info-Counter war es nicht möglich, die neue BREKO-Pressesprecherin persönlich kennenzulernen. Mit Kollegen hatte ich vergeblich im dedizierten Pressearbeitsraum auf ihr Erscheinen gewartet. Aufmerksam wäre es auch gewesen, in dem sonst kahlen Raum einen Wasserspender oder noch besser eine Kaffeekanne bereitzustellen. Und ich hätte auch für das Buffet im RMCC bezahlt, so wie man dies den Ausstellern angeboten hat. Presseinformationen der Aussteller und Pressekonferenzen gab es schließlich auch nicht. Wo viel Licht ist findet man auch ein wenig Schatten. Den gab es auch am zweiten Messetag, als einige Aussteller bereit um 15 Uhr damit begannen, ihre Messestände abzubauen obwohl sie sich verpflichtet haben, diese bis 16 Uhr zu betreiben.

Die Deutsche Bahn und EVUs öffnen ihr Glasfasernetz

Mit der ausgegliederten Marketinggesellschaft DB broadband GmbH (DBB) ermöglicht die Deutsche Bahn (DB) nun interessierten Breitband-Netzbetreibern den Zugang zu ihrer ausgedehnten flächendeckenden Glasfaser-Infrastruktur. Dieser war in der Vergangenheit gar nicht oder nur sehr schwer zu erhalten, weil einerseits die dafür erforderlichen Prozesse fehlten und andererseits mit der Öffnung bis nach der geplanten Privatisierung gewartet werden sollte. Nun steht DBB ab sofort für die Glasfaser-Konnektivität in Deutschland. Damit wird auch für die weitere Digitalisierung Deutschlands ein wichtiges Fundament geschaffen. Es werden freie Kapazitäten des Glasfasernetzes der DB zur Verfügung gestellt. Für die Netzbetreiber und solche die es werden wollen ist dies eine einfache und kostenschonende Möglichkeit, die eigenen Glasfasernetze auszubauen und zu stärken. Die DBB sieht sich quasi als Single Point of Contact, wenn es um den Gigabitausbau in Deutschland geht.

Die DBB verfügt über ein einzigartiges Netz mit flächendeckendem Verlauf und besteht aus:

  • >20.000 km Glasfasernetz
  • 5.400 Bahnhöfen
  • 24.000 Mobilfunkmasten in <1km Radius.

Hinzu kommen noch eine Reihe von Komplementärprodukten:

  • Infrastruktur bestehend aus rund 33.400 km Schienenwegen
  • 2.981 Bahnhöfe mit Glasfaseranbindung
  • 3.800 eigene Mobilfunkmasten
  • sowie umfangreiche nutzbare Flächen.

Neben dem Angebot unbeleuchteter Glasfasern wird das Leistungsangebot weiter ausgebaut. So werden nach und nach künftig noch mehr Komplementärprodukte angeboten. Individuelle Einzelleistungen sind aber bereits heute möglich. Zudem ist die DBB Mitglied in allen drei deutschen Glasfaserfachverbänden BREKO, Buglas und VATM.

„Die Deutsche Bahn ist das Rückgrat unserer Gesellschaft und hat eine Fürsorgepflicht. Erst wenn Deutschland seine Ziele im Breitbandausbau erreicht hat, haben wir unseren Auftrag erfüllt,“ fasst Dr. Christian Humpert, Vorsitzender der Geschäftsführung DB broadband die Aktivitäten zusammen und ergänzt: „Unser Glasfasernetz steht Ihnen bereits heute in großen Teilen des Landes zur Verfügung, in vielen Regionen sogar exklusiv. Im Laufe der kommenden Jahre bauen wir das Netz sowie unsere Komplementärprodukte für Sie weiter aus. Freiflächen, Kollokation, GSM-R-Masten und Ethernet bieten wir dann auf Anfrage an.“

Eine ebenfalls für den Glasfaserausbau interessante Infrastruktur bietet das Höchstspannungsnetz in Deutschland, welches sich über 37.000 Kilometer erstreckt. Es dient dazu, den im Kraftwerk erzeugten elektrischen Strom über große Strecken zur transportieren und über Umspannstationen in die kleineren Verteilnetze zu leiten. In Deutschland und im Großteil Europas werden im Stromnetz Spannungen bis zu 400 Kilovolt transportiert. Höchstspannungsnetze sind in Deutschland und den meisten anderen europäischen Ländern fast ausschließlich Oberleitungen. Nur vier Übertragungsnetzbetreiber betreiben das deutsche Höchstspannungsübertragungsnetz: TenneT, 50Hertz Transmission, Amprion und TransnetBW. Kontrolliert werden sie von der Bundesnetzagentur, die zum Beispiel den Netzausbau und die Entgelte für die Nutzung der Netze genehmigt.

Die Energiewende erfordert teilweise neue oder noch stärkere Hochspannungsleitungen, zum Beispiel um den in den Offshore-Windparks gewonnenen Strom in die Ballungszentren zu transportieren. Der im Juli 2013 in Kraft getretene Bundesbedarfsplan legt die wichtigsten Ausbau- und Modernisierungsvorhaben für die nächsten zehn Jahre fest. Der aktuelle Bundesbedarfsplan 2015 sieht bundesweit 43 Leitungsvorhaben als vorrangig an: Dabei sind 2.550 Kilometer Stromtrassen neu zu bauen und 3.100 Kilometer zu modernisieren. Im Zuge dieser Maßnahmen werden entlang der Stromtrassen zusätzlich Glasfaserkabel mit typisch bis zu 96 Fasern mitverlegt. Mit den bereits installierten Glasfasern, die auch für interne Steuerungszwecke benötigt werden steht eine leistungsfähige Infrastruktur für den Backbone-Bereich zur Verfügung.

 

Die Fiber Days 2023 werden am 15. & 16. März 2023 ausgerichtet.

 

Dieser Beitrag erscheint in der Reihe: "BEL2 nachgefragt!". Lesen Sie HIER die weiteren Artikel von Gerhard Kafka!

 

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