VATM-Pressemitteilung:
Köln, 21.02.2024. Die EU-Kommission will bei der Erreichung der Ziele in der Digitalen Dekade das Tempo erhöhen. Digitalkommissar Thierry Breton propagiert dazu in seinem heute veröffentlichten „White Paper“ unter anderem mehr Bürokratieabbau und kündigt attraktive Rahmenbedingungen für private Investitionen an. Allerdings sind viele der dafür vorgeschlagenen Mittel kontraproduktiv, um den Ausbau zu beschleunigen, Verbraucherwohlfahrt zu steigern und mehr Innovationen in und aus Europa zu ermöglichen.
Thierry Breton sieht in einer stärkeren Marktkonsolidierung die Lösung für steigende Investitionen in die Telekommunikationsinfrastruktur. Es ist allerdings nicht Aufgabe der Europäische Kommission, die Struktur des europäischen Telekommunikationssektors und die Größe der Akteure vorzugeben. “Eine forcierte Konsolidierung als politisch motivierte Antwort auf den Investitionsbedarf gefährdet den fairen Wettbewerb und hat langfristig negative Auswirkungen auf Innovation und Dienstequalität,“ warnt VATM-Geschäftsführer Dr. Frederic Ufer. Der Glasfaserausbau hat nicht allein in Deutschland erst mit dem Markteintritt der Wettbewerber an Fahrt aufgenommen. So ist es nicht die Größe des Unternehmens, sondern die strategische Ausrichtung derselben, ob der Ausbau gebremst und die erforderlichen Milliarden frischer Investitionsmittel fließen. Dass der strategische Überbau als Problem erkannt und hiergegen auf EU-Ebene Maßnahmen ergriffen werden, ist daher eine späte, aber erfreuliche Einsicht.
Was der europäische Telekommunikationssektor wirklich braucht, ist ein Regulierungsrahmen, der einen fairen Wettbewerb und Investitionen in die Zukunft sicherstellt. Der von der EU-Kommission in den Vordergrund gestellte Verbrauchernutzen stellt sich dadurch automatisch ein. Die Entlassung marktmächtiger Unternehmen aus der Regulierung zur Stimulierung von Investitionen ist das völlig falsche Signal für Deutschland, wo der in anderen EU-Staaten vor mehr als 10 Jahren eingeführte Leerrohrzugang zum Netz der Telekom immer noch nicht nutzbar ist und der Wettbewerb um viele Millionen Endkunden in Anbetracht der noch frühen Phase des Glasfaserausbaus im Wesentlichen auf die Verfügbarkeit eines effektiv regulierten Zugangs zum Netz der Telekom angewiesen ist. Für den erfolgreichen Infrastrukturausbau reicht nicht die Benennung eines Enddatums für das Kupfernetz. Vielmehr ist der Weg dorthin entscheidend. Das Wettbewerbsschädigende Potential ist enorm, so dass die richtige regulatorische Flankierung und Aufsicht viel stärker im Fokus stehen muss als die Fixierung auf ein für Europa nicht einheitlich festzusetzendes Datum.
“Es steht zu befürchten, dass Brüssel erneut ignoriert, dass wir uns hierzulande nicht in der Endphase des Infrastrukturausbaus befinden und die gemachten Vorschläge für Deutschland schädlich sind. Man kann dem Wettbewerb nicht den Boden unter den Füßen entziehen und hoffen, dass dadurch mehr Innovationen und Investitionen stattfinden.” Entscheidend wird daher sein, die Europäische Kommission von dem für Deutschland passenden Szenario zu überzeugen, damit Deutschlands Telekommunikationsmarkt durch das Weißbuch nicht zum Kollateralschaden des Brüsseler Harmonisierungskonzeptes wird.