Ein Leuchtturmprojekt für den Glasfaser-Ausbau

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Die Verantwortlichen der BBV, des Landkreises und der Kommunen sowie Vertreter der Vertriebspartner stellten sich am Montag in Buchen zum Gruppenfoto auf. Foto: BBV / Rüdiger Busch

Das deutschlandweite Medieninteresse am Glasfaserprojekt des Kreises ist groß. Landrat Dr. Achim Brötel stellte sich den Fragen. Foto: Busch

Neckar-Odenwald-Kreis. (rüb) "Auch der ländliche Raum kann Spitzentechnologie!" Buchens Bürgermeister Roland Burger konnte – ebenso wie die weiteren Redner – seine Begeisterung beim Pressegespräch anlässlich des Starts des Glasfaserausbaus im Landkreis kaum zügeln. Sie ist jedoch nachvollziehbar: Die Bürger hätten die, so Burger, "historische Chance" auf einen Glasfaserausbau bis ins Haus in überzeugender Manier genutzt. Das vorgegebene Vermarktungsziel – 20 Prozent aller Haushalte – wurde in den meisten der 27 Kreiskommunen deutlich übertroffen. Die Marke von 13.500 Verträgen für "Toni" (so der Produktname) wurde schon vor dem Ende der Vermarktungsphase am 31. März geknackt. Inzwischen liegen der Breitbandversorgung Deutschland (BBV) 21.103 Verträge vor – das sind 31 Prozent der Haushalte im Kreis.

Spatenstich im Juni in Aglasterhausen

Damit hat das bundesweit einmalige Projekt, das der Neckar-Odenwald-Kreis vor fast genau einem Jahr gemeinsam mit der BBV gestartet hat, ein äußerst wichtiges Etappenziel erreicht, sodass nun die Umsetzung in Angriff genommen wird. Für die BBV wird sogar "ein völlig neues Kapitel in der Geschichte des Glasfaserausbaus in Deutschland aufgeschlagen", da erstmals ein kompletter Landkreis privatwirtschaftlich ausgebaut wird. Abhängig vom Abschluss der bereits laufenden Planungen will die BBV spätestens im Juni mit dem Spatenstich in Aglasterhausen mit dem Ausbau der ersten Kommune beginnen. Der schrittweise Ausbau des Kreises wird voraussichtlich bis Ende 2024 dauern. Die Investitionssumme von rund 125 Millionen Euro für das Projekt bringt der Infrastrukturinvestor und BBV-Gesellschafter Infracapital auf.

Ein Vorbild für andere Regionen

"Der Neckar-Odenwald-Kreis wird zum ersten Landkreis in Deutschland, der die Glasfaser in allen 27 Kommunen ohne einen Cent Steuer- und Fördergelder erhält. Ich freue mich, dass unsere Bürger die historische Dimension des einmaligen Angebots nicht nur erkannt, sondern auch derart beherzt genutzt haben", betonte Landrat Dr. Achim Brötel. Die Investitionssumme von 125 Millionen Euro sei gewaltig – erst recht, wenn man bedenke, dass Baden-Württemberg in den zurückliegenden fünf Jahren landesweit gerade einmal 974 Millionen Euro in den Glasfaserausbau investiert habe. Die fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Kreis, Kommunen und privatem Investor sei ein Modell, das auch andernorts Schule machen werde, war sich Brötel sicher. Mit dem Main-Tauber-Kreis steht der nächste Landkreis schon in den Startlöchern. Der Landrat dankte allen Beteiligten, an der Spitze "Mr. Breitband", Wirtschaftsförderer Johannes Biste: Das "Jahrhundertprojekt" Glasfaserausbau sei zweifellos sein Kind.

Quantensprung für den Kreis

Trotz der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie und einer gesunden Portion Odenwälder Skepsis habe der Landkreis "die einmalige Chance" genutzt, freute sich Bürgermeister Roland Burger (Buchen). Wie sein Kollege Thomas Ludwig (Seckach) betonte auch Burger die zentrale Bedeutung des Breitbandausbaus für die Entwicklung des ländlichen Raums. "Wir starten jetzt zu nicht weniger als einem Quantensprung in Sachen Digitalisierung und erbringen ganz nebenbei den Beweis, dass öffentliche Infrastruktur durch eine kluge interkommunale Zusammenarbeit mit privaten Investoren schneller geschaffen werden kann als mit öffentlicher Förderung", sagte Burger. Bürgermeister Ludwig zeigte sich als Vorsitzender des Kreisverbands des Gemeindetags erfreut über den Erfolg. Wie wichtig der Zugang auf die Daten-Autobahn sei, wisse man nicht erst seit Corona: Künftig sei es egal, ob man in der Stadt oder auf dem Land wohnt – das Internet kann überall gleich schnell sein. "Und bei uns ist die Lebensqualität höher", sagte Ludwig und bezeichnete den Glasfaserausbau als "großen Gewinn für den ländlichen Raum". Dies bestätigte auch Andreas Stein, Geschäftsführer der Stadtwerke Buchen: "Die BBV kam für uns wie gerufen!"

Das neue Ziel heißt 35 Prozent

"Die Akzeptanz und das hohe Vertrauen in die Glasfaser haben uns angesichts der pandemiebedingten schwierigen Rahmenbedingungen für den Vertrieb mehr als positiv überrascht", erklärte Jürgen Hansjosten, Geschäftsführer der Infracapital Deutschland. Sein Versprechen: "Jetzt gehen wir mit Volldampf an den Ausbau!" Positiv überrascht zeigte sich auch BBV-Geschäftsführer Manfred Maschek: Trotz einer extrem kurzen Vorvermarktungsphase von nur sechs Monaten sei es gelungen, das ehrgeizige Ziel um rund 50 Prozent zu übertreffen. Aktuell liege man bei 31,1 Prozent der Haushalte, die sich für das Angebot entschieden haben: "Unser Ziel lautet jetzt 35 Prozent bis Ende Mai." Was vor einem Jahr mit 80 Aufträgen in einem Monat begann, endete nun mit 3500 Verträgen allein in den letzten zwölf Tagen: BBV-Vertriebschef Sascha Bender zog eine rundum positive Bilanz des letzten Jahres. Nur vier Kommunen – Walldürn, Mosbach, Haßmersheim und Neckarzimmern – lägen unter dem Ziel von 20 Prozent. Spitzenreiter seien Rosenberg mit 42 und Ravenstein mit 40 Prozent aller Haushalte. Bis Ende Mai gelten – als Dankeschön, so Bender – nun neue Konditionen. Den Glasfaseranschluss ins Haus gibt es jetzt für einmalig 199 Euro.

Buchen ist das zweite Ausbaugebiet

Der Ausbau wird voraussichtlich im Juni im ersten Bauabschnitt in den Kommunen Aglasterhausen, Obrigheim, Schwarzach, Neunkirchen, Neckargerach und Zwingenberg beginnen, da hier bereits eine Hauptleitung zur Verfügung steht. Bereits im August sollen die ersten Kunden dort mit "Toni" ins Netz gehen können, erklärte Bernd Henkel, Manager Cluster Implementation der BBV. Zwischen August und Oktober sollen die Ausbaugebiete Buchen sowie Fahrenbach/Limbach folgen. Vom Hettinger Umspannwerk soll dafür eine zweite Hauptleitung nach Buchen geführt werden. "Danach wollen wir möglichst schnell Osterburken ankoppeln, um von da direkt in den Main-Tauber-Kreis zu kommen. Von diesen vier Baugebieten aus wollen wir alle anderen Kommunen entwickeln." Um möglichst schnell bauen zu können, verhandelt die BBV mit rund 15 Firmen aus dem Landkreis und den Nachbarkreisen. Das Ziel: Mehrere Baufirmen sollen gleichzeitig in einem Ausbaucluster tätig sein. Dadurch könnten die Arbeiten bereits in drei Jahren abgeschlossen sein.