Kafka´s Messetagebuch - HANNOVER MESSE 2022, Teil 2/4

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Gerhard Kafka arbeitet als freier Fachjournalist für Telekommunikation in Egling bei München.

 

Weltneuheit: Festo Cobot setzt neue Maßstäbe

Was wäre, wenn es einen Roboter gäbe, der einfach zu bedienen wäre, keinen Schutzzaun benötigte und der auch preislich attraktiv wäre? Das wäre eine ganz neue Ära beim Thema Mensch-Roboter-Kollaboration. Kaum ein industrielles Marktsegment wird in den nächsten Jahren so rasant wachsen wie die Mensch-Roboter-Kollaboration. Dank ihr werden Arbeitnehmer bei besonders kräftezehrenden oder monotonen Aufgaben entlastet: Es entstehen neue Freiräume sowie eine gesündere Arbeitswelt. Dabei gelingt die Mensch-Roboter-Kollaboration mit keiner anderen Technologie so feinfühlig wie mit der nachgiebigen Pneumatik. Als Weltneuheit hat Festo den ersten pneumatischen Cobot vorgestellt. Sein Alleinstellungsmerkmal basiert auf der Piezotechnologie, bei der elektrische Energie in Druck bzw. Bewegung umgewandelt wird.

Bundeskanzler Olaf Scholz besuchte gemeinsam mit Portugals Premierminister António Costa bei seinem Messerundgang am ersten Messetag den Festo Stand. Dabei ging Scholz auf Tuchfühlung mit dem ersten pneumatischen Roboter der Welt. Der Bundeskanzler konnte sich so von der beinahe „menschlich-kollegialen“ Zusammenarbeit mit dem Cobot überzeugen, der bei einem Zusammenstoß mit dem Menschen innerhalb von Millisekunden einen sicheren und dabei einzigartig sanften Stopp einlegt. Das geringe Gewicht, das „Arbeitsmedium Luft“ in den Gelenken sowie die entkoppelten Robotersegmente sorgen für einen äußerst weichen Kontakt und gleichzeitig dafür, dass der Cobot im Anschluss gegebenenfalls geschmeidig beiseite bewegt werden kann.

Der Vorstandsvorsitzende Dipl.-Ing. Dr. h.c. Oliver D. Jung zeigte auch Olaf Scholz und António Costa, wie sensitiv die Mensch-Roboter-Kollaboration mit der nachgiebigen Pneumatik gelingt.

Viele seiner Vorteile wie etwa seine Sensitivität, sein Gewicht von nur 17 kg oder auch sein Preis-Leistungs-Verhältnis verdankt der Festo Cobot den Vorzügen der Pneumatik: Die Direktantriebe in den Gelenken sind kostengünstiger und besonders leicht, weil im Gegensatz zu elektrischen Lösungen keine schweren Getriebe und teure Kraft-Moment-Sensorik nötig sind. Der Cobot ermöglicht es auch kleinen und mittleren Unternehmen, die vielfach von manuellen Arbeitsprozessen geprägt sind, Roboter wirtschaftlich einzusetzen. Er bietet flexible Einsatzmöglichkeiten: Auch kleine Losgrößen bzw. Arbeitsschritte können nun automatisiert bearbeitet werden. Durch seine einzigartig intuitive und einfache Inbetriebnahme und Programmierung ist die Einarbeitungszeit schnell und effizient – es sind keine aufwendigen Schulungsmaßnahmen notwendig.

Der pneumatische Festo Cobot wird preisgünstiger sein als elektrische Cobots dieser Klasse. Das vornehmliche Einsatzgebiet liegt im Kleinteilehandlings bei Nutzlasten bis zu 3 kg. „Zum Verkaufsstart 2023 wird der Festo Cobot mit seiner einfachen Bedienbarkeit neue Maßstäbe in der Mensch-Roboter-Kollaboration setzen“, erklärt Dr. Frank Melzer, Vorstand Product and Technology Management bei Festo. Der Festo Cobot besteht aus der Hardware selbst, einem Handmodul und der Robotic Suite, einer Software für die intuitive Inbetriebnahme und Programmierung. Dieses Paket macht es möglich, den Cobot in weniger als einer Stunde in Betrieb zu nehmen und zu programmieren. Vorkenntnisse aus dem Bereich der Robotik sind nicht notwendig, denn die selbsterklärende Software enthält übersichtlich visualisierte und standardisierte Funktionsbausteine. Pneumatische Antriebe ermöglichen das einfache manuelle und widerstandsfreie Führen des Roboterarms mit der Hand, um Wegpunkte bzw. Bahnen schnell und präzise einzulernen. Er benötig auch keinen zusätzlichen, aufwendig anzuschließenden und hinderlichen Schaltschrank. Mit seiner platzsparenden integrierten Steuerung im eigenen Fußteil ist er besonders flexibel. Einfache Steckverbindungen ermöglichen auch Ad-hoc-Einsätze ohne lange Umrüstzeiten. Mit gängigen Busstandards gelingt die schnelle Anbindung an übergeordnete Steuerungen.

Der Cobot erlaubt ein sicheres und schnelleres Arbeiten. Wie ein menschlicher Arm hat er mit 670 mm genau die richtige Reichweite, um im Teamwork mit dem Mitarbeiter als helfende dritte Hand zu agieren. Er bewegt sich – wie ein echter Kollege – in einem überschaubaren Radius. Durch exakte Druckregler in den Gelenken erkennt der Roboter, wenn er berührt wird und reagiert mit entsprechenden Safety-Funktionen. Der Mitarbeiter kann völlig gefahrlos mit seinem umsichtigen technischen Kollegen kooperieren.

 

Privates 5G-Campusnetz startet Live-Betrieb

Pünktlich zum Messestart hat die Deutsche Telekom die geplanten acht Hallen auf dem Messegelände in Hannover inklusive aller Straßen und Parkplätze 5G-ready gemacht. Im in sich geschlossenen, privaten 5G-Campusnetz sind große Datenvolumina und hohe Geschwindigkeiten für industrielle Anwendungen realisierbar, sodass eine ausgesehnte Testfeldumgebung entsteht, die der eines Reallabors gleicht. Das Campusnetz soll sukzessive auf das gesamte Messegelände ausgebaut werden und interessierten Organisationen für Testzwecke zur Verfügung stehen. Die Telekom war mit einem 5G fokussierten Stand im Freigelände vor Ort, aber ein Pressesprecher nicht anwesend. Auf Nachfrage wurde mir angeboten, innerhalb von zwei Stunden einen kompetenten Ansprechpartner hier anzutreffen. Das lehnte ich dankend ab. Neben dem 5G Campusnetz versorgt die Telekom das Messegelände mit öffentlichem Mobilfunk der Generationen 3, 4 und 5. Und in Halle 9 hat Siemens ein weiteres, speziell für industrielle Zwecke ausgerichtetes, 5G-Netz aufgebaut, das allen Kunden im Jahresverlauf die Option bietet, sämtliche Industrie-Testanwendungen durchzuführen.

Insgesamt 15 Unternehmen und Verbände nahmen mit ihren Use Cases im 5G-Campusnetz teil. Die einzelnen Anwendungen zeigten einen Querschnitt durch unterschiedliche Technologiefelder und demonstrierten Testszenarien, die Lösungen mit der superschnellen Generation des Internets für sämtliche Branchen anbieten. Die einzelnen Use- und Show - Cases der Unternehmen waren auf der Website schon als Vorabinformation detailliert recherchierbar. Die Teilnehmer waren: Beagle Systems, DLR, Deutsche Telekom, Fraunhofer, Giesecke + Devrient, LS Telcom, Media Broadcast, Rohde & Schwarz, Siemens, SMEV und inseego, Testfeld Niedersachsen und Uni Kaiserslautern.

Das Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS zeigte ein temporäres, lokales 5G-Netz, welches insbesondere für die Waldbrandbekämpfung von Interesse sein könnte. Bei der Bekämpfung von Waldbränden, aber auch bei der Überwachung von Baustellen oder für Multimediadienste bei Sport- und anderen Massenveranstaltungen wird oftmals lokal und zeitlich begrenzt ein zuverlässiges, sicheres 5G-Campusnetz benötigt, das für eine optimale Netzabdeckung auf dem gesamten Gelände sorgt. Mit dem 5G+ Nomadic Node lässt sich ein solches nicht-öffentliches, temporäres Netz kurzfristig aufbauen, um z. B. Einsatzkräfte miteinander zu vernetzen oder Löschroboter fernzusteuern. Die komplette Hard- und Software passt in wenige mobile Server-Koffer. Die Funktionsweise des angepassten 5G-Mobilfunknetzes mit Satellitenanbindung wurde auf dem Fraunhofer-Gemeinschaftsstand vorgestellt.

Giesecke+Devrient zeigte in Halle 7 – hier ließ auch Festo seine spektakulären Flugobjekte wie einen künstlichen Vogel und zwei Schmetterlinge seine Runden ziehen - im Rahmen von 5G Smart Venue vier konkrete Anwendungen:

  • eine einfache, schnelle und vollständig digitale Möglichkeit für das Einloggen von eSIM-basierten Geräten in ein privates oder öffentliches Netz über einen QR-Code –mit Hilfe der eSIM-Management-Lösung von G+D
  • eine IoT-Asset-Tracking- und Tracing-Applikation. Diese Lösung verfolgt wertvolle Güter entlang der gesamten Lieferkette und kombiniert die intelligente Middleware mit Low-Power-Konnektivitätstechnologie von G+D zur Maximierung der Batterielebensdauer der Tracker
  • gemeinsam mit der Technischen Universität Kaiserslautern wurde gezeigt, wie ein Roboter zwischen dem Standalone-5G-Siemens-Netz und dem öffentlichen 5G-Netz wechselt. Das Lösungsszenario basiert auf dem eSIM-Management von G+D, ist netzunabhängig und kann von allen Arten von Geräten genutzt werden
  • eine Management-Lösung für die globale Vernetzung und Absicherung von IoT-Anwendungen und -Geräten. Die IoT Suite gibt IoT-Unternehmen die vollständige Kontrolle über ihre Konnektivität. Die Software ist eine der skalierbaren Konnektivitätsanwendungen des Enterprise-Network-Operators Pod Group, den G+D Mitte 2021 übernommen hat.

Auch noch zu erwähnen ist das Competence Center 5G.NRW das als Konsortialprojekt auftrat. Das Competence Center 5G.NRW wird übrigens von vier starken Partnern getragen, welche sich mit ihren Projekten vorgestellt haben:

  • Bergische Universität Wuppertal: Verantwortet den Auf- und Ausbau des nachhaltigen 5G-Innovationsnetzwerks
  • Universität Duisburg-Essen: Erforscht Methoden und Verfahren für Entwicklung und Betrieb telekommunikationsgestützter Anwendungen
  • Technische Universität Dortmund: übernimmt den Aufbau und Betrieb einer flexiblen 5G-Experimentalplattform, die Unternehmen „vor Ort“ die Umsetzung von innovativen 5G-Demonstratoren ermöglicht
  • FIR e.V. an der RWTH Aachen: In der eigens für die Erschließung möglicher Digitalisierungsopportunitäten aufgebauten 5G-Modellfabrik werden durch unterschiedliche Vor-Ort Aktivitäten Chancen und Potenziale gemeinsam mit der Industrie erschlossen.

Die nächste HANNOVER MESSE wird vom 17. bis 21. April 2023 ausgerichtet.

 

Dieser Beitrag erscheint in der Reihe: "BEL2 nachgefragt!". Lesen Sie HIER die weiteren Artikel von Gerhard Kafka!

 

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