Flächendeckender Glasfaserausbau kann mit umfangreichem Maßnahmenpaket erheblich beschleunigt werden

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Trotz der ambitionierten Breitbandziele der Bundesregierung verläuft der Ausbau mit zukunftssicheren Glasfaseranschlüssen bis in die Gebäude (FTTB) oder bis direkt zum Nutzer (FTTH) in Deutschland noch immer schleppend. Eine Ursache hierfür sind Engpässe bei den im Rahmen des Glasfaserausbaus erforderlichen Tiefbauarbeiten, die die Ausbaugeschwindigkeit bremsen und die Kosten erhöhen. Das ist das Ergebnis einer Studie („Tiefbaukapazitäten als Engpass für den FTTB/H-Ausbau? Empfehlungen zur Effizienzsteigerung und Kostensenkung für den Markt und die öffentliche Hand“) des Wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste (WIK), die gleichzeitig belastbare Lösungsansätze liefert.


Bei der Verlegung zukunftssicherer Glasfaserleitungen entfallen 80 bis 90 Prozent der Kosten auf den Personal-, Material- und Maschineneinsatz beim Tiefbau, stellt das im Auftrag des BREKO erstellte WIKGutachten fest. Aus diesem Grund wirken sich Verzögerungen und Kostensteigerungen beim Tiefbau erheblich auf Glasfaserausbauprojekte aus.


Dabei bestehen auf dem Tiefbaumarkt Kapazitätsengpässe, da die entsprechenden Unternehmen in Deutschland häufig stark spezialisiert sind und nur ein Bruchteil der Kapazitäten für den FTTB/FTTH-Ausbau zur Verfügung steht. Gerade große Bauunternehmen, so das WIK, engagieren sich bislang kaum beim Glasfaserausbau, da dieser relativ kleinteilig erfolgt und damit verhältnismäßig unrentabel ist.


Hinzu kommt: Innerhalb des gesamten Tiefbaugewerbes gibt es große Personalengpässe bei hochqualifizierten Fachkräften (Vorarbeiter, Meister, Techniker, Ingenieure). Nachwuchs kann zurzeit nicht in ausreichender Menge rekrutiert werden, um altersbedingt ausscheidende Mitarbeiter zu ersetzen. Denn für Tiefbautätigkeiten beim FTTB/FTTH-Ausbau bestehen nur in sehr begrenztem Umfang Aus- und Weiterbildungsangebote sowie Schulungskonzepte, die kurz- bis mittelfristig Abhilfe schaffen können.


Nicht zuletzt sieht das WIK mangelnde Ressourcen bei Kommunen und Behörden, was insbesondere die Dauer von Genehmigungsprozessen verlangsamt und zu teils mehrmonatigen Verzögerungen beim Glasfaserausbau führt.


Um die beschriebenen sowie eine Vielzahl weiterer identifizierter Probleme zu lösen, schlagen die Experten des WIK ein Bündel unterschiedlicher Maßnahmen vor, um möglichst alle relevanten Stellschrauben zugunsten eines schnellen Rollouts zukunftssicherer Glasfaseranschlüsse in Deutschland zu stellen.

Dazu gehören insbesondere:
• Langfristige Verträge mit Tiefbauunternehmen schaffen Sicherheit auf beiden Seiten, stellen eine stabile Auslastung sicher und verhindern ungeplante Kostensteigerungen. Hier sollten sich auch die großen Tiefbauunternehmen in Deutschland, die sich bislang oft gar nicht an Glasfaserausbauprojekten beteiligen, nicht verweigern. Denn auch die Player im TK-Bereich können attraktive Partner sein. In diesem Zusammenhang kann auch der Einsatz ausländischer Bautrupps – idealerweise ebenfalls in langfristiger Partnerschaft – sinnvoll sein, um zusätzliche Kapazitäten zu schaffen.


• Durch den Einsatz alternativer, kostensparender Verlegetechniken – zum Beispiel per Mini- oder Micro-Trenching (die minimal-invasive Verlegung der Leitungen in 10 bis 30 Zentimetern Tiefe), die Verlegung der Glasfaser in Abwasserrohren oder die Nutzung vorhandener Freileitungen zur oberirdischen Verlegung – sowie die Nutzung vorhandener Leerrohre können die Ausbaugeschwindigkeit deutlich erhöht und die Ausbaukosten deutlich gesenkt werden. Auf Seite der Kommunen muss die Akzeptanz alternativer Verlegemethoden erhöht werden – in der Praxis werden diese von den Kommunen häufig noch abgelehnt oder die Genehmigungsverfahren nehmen sehr viel Zeit in Anspruch.


• Höchste Priorität bei den Tiefbauunternehmen muss die Behebung des Fachkräftemangels haben. Die bestehenden Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen müssen daher unbedingt erweitert werden. Die Qualifizierung von Arbeitskräften aus angrenzenden Tätigkeitsbereichen kann zusätzliche Personalressourcen schaffen.


• Auch auf Seite der Kommunen / Behörden müssen personelle Engpässe beseitigt werden. In diesem Zusammenhang kann der Einsatz elektronischer Tools bei Planung und Genehmigung die Effizienz erhöhen und die Verfahren beschleunigen. So können Videokonferenzen und digitale Fotos von Baustellen aufwändige Außentermine in vielen Fällen ersetzen. Sinnvoll ist darüber hinaus die Benennung zentraler kommunaler Ansprechpartner für den Breitbandausbau („case manager“), die langwierige Genehmigungsprozesse entschärfen können. Nicht zuletzt kann die Auszahlung (eines Teils) zugesagter Fördermittel daran gekoppelt werden, dass die jeweilige Kommune die Ausbauverfahren innerhalb vorgegebener Fristen genehmigt.


• Anpassungen bei der Vergabe von Fördermitteln (Förderpraxis) können ebenfalls zu einer Entspannung der Situation beitragen: Anstelle der gesammelten Vergabe von Förderbescheiden zu bestimmten Zeitpunkten sollte eine kontinuierliche Vergabe oder eine Zuteilung nach dem Windhundprinzip (first come, first served) erwogen werden, um Lastspitzen im Tiefbau zu vermeiden.


• Auch die Einführung einer ergänzenden Nachfrageförderung („Zukunftsprämie“) mit Gutscheinen für diejenigen Bürger und Unternehmen, die sich für den Anschluss ihres Gebäudes an zukunftssichere Glasfaseranschlüsse entscheiden, hält das WIK ebenso wie der BREKO für eine sinnvolle Option, um den Ausbau flächendeckender – und damit effizienter – zu gestalten.


„Unsere Studie zeigt: Es gibt nicht die eine Ursache für den schleppenden Glasfaserausbau in Deutschland“, erläutert WIK-Chefin Dr. Iris Henseler-Unger. „Vielmehr bedarf es eines gemeinsamen Kraftakts aller Beteiligten und der richtigen Justierung einer Vielzahl unterschiedlicher Stellschrauben, um das Ziel flächendeckend verfügbarer Glasfaseranschlüsse bis 2025 doch noch realisieren zu können.“ Henseler-Unger macht ganz deutlich: „Mit einem ‚Weiter so‘ besteht die Gefahr, dass maximal die Hälfte aller deutschen Haushalte bis 2025 mit direkten Glasfaseranschlüssen versorgt werden können.“


Gegen ein „Weiter so“ stellt sich auch BREKO-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers: „Mehr als 80 Prozent aller heute verfügbaren, reinen Glasfaseranschlüsse werden von den alternativen Netzbetreibern in Deutschland – mehrheitlich Mitgliedern des BREKO – gestellt. Als führender deutscher Glasfaserverband werden wir daher alles daran setzen, im Schulterschluss mit Politik und Industrie nun alle Ampeln auf Grün zu schalten, um Vollgas für den flächendeckenden Glasfaser-Rollout zu geben und Deutschland mit der besten digitalen Infrastruktur zu versorgen. Die Studie des WIK ist hierfür ein guter Leitfaden.“ Die Studie des WIK steht auf der Website des BREKO im Bereich „Position & Hintergrund“ zum Download zur Verfügung.