Trotz Trends zu mehr Einigungen: BNetzA stellt weiterhin wettbewerbsschädigenden Marktmacht-Missbrauch der Telekom bei Zugangsprodukten fest

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Bonn/Köln, 19. April 2021. Es ist weiterhin schwierig mit der Telekom und der Regulierer bleibt gefordert: Die Bundesnetzagentur (BNetzA) stellt fest, dass die Telekom erneut ihre marktbeherrschende Stellung bei wichtigen Vorprodukten für den Geschäftskundenmarkt missbraucht (Az. BK2b-20/024). Sie behindert damit ihre Konkurrenten und beeinträchtigt deren Wettbewerbsmöglichkeiten. Die Telekom muss daher bereits ausgesprochene Kündigungen für 2022 und 2023 gegenüber den Wettbewerbern bei bestimmten Vorleistungsprodukten zurücknehmen und diese so lange weiter anbieten, bis sie eine Alternative zur Verfügung stellt, die für die deutsche Wirtschaft gleich gut nutzbar ist.

Es handelt sich hier um den Zugang zu SDH*-basierten Übertragungswegen für Breitbandanschlüsse zwischen 2 und 155 Mbit/s, die seit etlichen Jahren zur Versorgung von besonders anspruchsvollen Endkunden aus Industrie und Wirtschaft genutzt werden, beispielsweise Banken, Behörden und Fabriken. Es gebe keine Rechtfertigung, die Verpflichtung zur Bereitstellung von diesen SDH*-basierten Mietleitungen zu begrenzen, so die BNetzA.

„Solange es noch keine bundesweiten alternativen Gigabit-Netze gibt – und das wird noch zehn Jahre dauern –, sind die Wettbewerberunternehmen bei der Realisierung von Angeboten in ganz Deutschland auf das Kupfernetz der Telekom und deren Vorprodukte angewiesen“, sagt Grützner. Aufgrund des Vorstoßes der Telekom sah sich der VATM zum Handeln gezwungen und bat Ende 2020 die BNetzA um Unterstützung. Diese leitete in der Folge erneut ein sogenanntes Missbrauchsverfahren ein. Erst im September 2020 hatte die Aufsichtsbehörde bezüglich der schlechten Termintreue der Telekom bei der Bereitstellung von Zugangsprodukten und ebenfalls aufgrund einer Intervention durch den VATM eingreifen müssen (s. VATM-PM 17/2020). 

Der VATM-Geschäftsführer begrüßt die klare Positionierung der Bundesnetzagentur: „Die Entscheidung wird wesentlich dazu beitragen, dass die Telekom stärker auf die Einhaltung der vertraglichen Zusagen achten muss und den aufgrund ihrer Marktmacht auferlegten Regulierungsverpflichtungen nachkommt. Die Entscheidung ist zudem generell eine gute und wichtige Grundlage für unsere weiteren Verhandlungen mit der Telekom. Denn wir wollen auch in Zukunft, wo immer möglich, die Einigung im Markt. Wir sind bereit, dem marktmächtigen Unternehmen eine faire Chance zu geben, sich marktkonform zu verhalten und auf das Ausspielen seiner Marktmacht zu verzichten. Dabei muss der Regulierer aber weiter sehr wachsam bleiben, da Marktmacht extrem leicht zu Missbrauch und Wettbewerbsverdrängung genutzt werden kann.“ Gerade vor wenigen Tagen erst hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) hohe, von der EU-Kommission verhängte Bußgelder gegen die Deutsche Telekom bestätigt, weil deren ebenfalls marktmächtiges Tochterunternehmen in der Slowakei ihren Wettbewerbern den Zugang zu Teilnehmeranschlüssen unter unfairen Bedingungen angeboten hatte.

* Die Synchrone Digitale Hierarchie (SDH) ist eine der Multiplextechniken im Bereich der Telekommunikation, die das Zusammenfassen von niederratigen Datenströmen zu einem hochratigen Datenstrom erlaubt. Das gesamte Netz ist dabei synchron.

Informationen
Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e.V.

VATM-Geschäftsstelle

Corinna Keim

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