TKG-Novelle: Der richtige Rahmen für Generation Glasfaser sieht anders aus

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Wenige Verbesserungen – zu viele neue Belastungen behindern Ausbau

Berlin, 16. Dezember 2020. „Der Entwurf der TKG-Novelle hat zu wenig Licht und zu viel Schatten“, sagt VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner zum heutigen Kabinettsbeschluss. Bei den Beratungen in Bundesrat und Bundestag bestehe noch viel Handlungsbedarf. Mehrbelastungen und Verschlechterungen für Investoren und Unternehmen seien nicht hinnehmbar. „Neben wenigen Verbesserungen aufgrund europäischer Vorgaben in der TKG-Novelle sehen wir im Entwurf des Gesetzes für faire Verbraucherverträge unverantwortbare nationale Eingriffe in das Vertragsrecht und neue zusätzliche Bürokratie. Es ist völlig unverständlich, dass nun doch genau die Unternehmen, die in solchen Krisenzeiten für die Sicherheit unserer digitalen Infrastruktur sorgen und gleichzeitig in Glasfaser- und 5G-Ausbau Milliarden investieren sollen, derart belastet werden“, resümiert Grützner nach den Beschlüssen. Zudem begünstigten verschiedene TKG-Neuregelungen eher die Telekom als die seit langem schon viel stärker ausbauenden Wettbewerber. An vielen Stellen weicht der Entwurf von den europäischen Vorgaben ab.

 Auch der BMJV-Entwurf des Gesetzes für faire Verbraucherverträge, der heute ebenfalls vom Kabinett beschlossen wurde, betrifft die Telekommunikationsbranche: Zukünftig werden alle Verträge nach Ablauf der anfänglichen Vertragslaufzeit jederzeit mit einer Kündigungsfrist von nur einem Monat kündbar sein. „Wir tragen diese kundenfreundliche Neuregelung in vollem Umfang mit“, betont Grützner. Völlig unverständlich ist jedoch für die TK-Branche, dass zukünftig Zweijahresverträge nur rechtsverbindlich sein sollen, wenn zu jeder Vertragsvariante – und das sind vielfach weit über 100 je nach Unternehmen – parallel Einjahresverträge aktiv angeboten werden müssen, selbst wenn diese für die Kunden unattraktiv sind. Das verwundert kaum, denn die Konditionen sind bei Zweijahresverträgen einfach besser, insbesondere, wenn neue Smartphones, schnellere Router etc. mit dabei sind. Eine völlig unsinnige neue bürokratische Hürde und ein derart massiver staatlicher Eingriff in die Vertragsfreiheit verteuert die von den Kunden besonders geschätzten Bundle-Verträge mit subventioniertem Endgerät. Genau diese hatte sogar  Stiftung Warentest[1]  als durchaus vorteilhaft für die Verbraucherinnen und Verbraucher beschrieben. Die geplante staatliche Vorgabe, dass zudem die monatlichen Zahlungen bei Einjahresverträgen nicht mehr als 25 Prozent teurer sein dürfen, entbehrt aus Sicht des VATM ebenfalls jeder Rechtsgrundlage.

Genauso willkürlich und unverständlich ist die vom Staat im Telekommunikationsgesetz (TKG) vorgesehene verordnete Vereinheitlichung der Preishöchstgrenzen für die Nutzung der Service-Dienste über Fest- und Mobilfunknetz. „Das entbehrt jeder marktwirtschaftlichen Grundlage. Die Regeln zur Preishöchstgrenze sollen Preistransparenz zugunsten der Anruferinnen und Anrufer ermöglichen, dürfen aber nicht zur Einführung staatlicher Einheitspreise in unserer Marktwirtschaft missbraucht werden“, kritisiert Grützner. Auch viele weitere Vorschriften im Entwurf, die vorgeblich dem Verbraucherschutz dienen sollen, würden statt Nutzen ebenfalls lediglich mehr neue Bürokratie bringen, neue innovative Geschäftsmodelle erschweren und bestehende gefährden. In vielen Fällen sind Regelungen definitiv nicht mit der aus Brüssel vorgegebenen Vollharmonisierung vereinbar und stellen dieses so wichtige Ziel in Frage.

Zudem geht die Deregulierung bei der Zugangsregulierung aus Sicht des VATM zu weit. Ein zukünftig noch weitergehender Verzicht auf Regulierung gegen bloße Zugangszusagen der Telekom zu ihrem Netz sei so nicht im europäischen Rechtsrahmen vorgesehen. „Einmal getroffene Deregulierungsentscheidungen führen ansonsten zu unvorhersehbaren Wettbewerbsverzerrungen und irreparablen Schäden“, warnt der VATM-Geschäftsführer. Gleichzeitig wird der ausdrücklich geforderte Zugang zur passiven Infrastruktur der Telekom nicht vollständig umgesetzt. Brüssel habe die Nutzung der vielen tausend Kilometer Kabelkanäle aus Monopolzeiten der Telekom als wichtigen Hebel für einen schnelleren Gigabit- und 5G-Ausbau klar im Auge gehabt.

Die in erster Linie durch Wettbewerber der Deutschen Telekom getriebene Glasfaser-Offensive in Deutschland würde aus Sicht des VATM durch Unsicherheiten im Regulierungsrahmen ausgebremst werden. Bis heute sind 70 Prozent der in Deutschland gebuchten FTTB/H-Anschlüsse (Glasfaser bis zum Gebäude/zur Wohnung) von den Wettbewerbern gebaut worden.[2] Die Migration vom alten Kupfernetz zur hochmodernen Glasfaser und ihre Planung sind in dem Entwurf nicht ausreichend verankert. „Die vorgesehene Regelung ist nur rudimentär und stellt einseitig auf die Migrationsstrategie der Telekom ab. Das Tempo beim Glasfaserausbau bestimmen aber klar die Wettbewerber“, betont VATM-Geschäftsführer Grützner. „Es darf nicht passieren, dass wir den Unternehmen durch ungerechtfertigte Preissteigerungen Investitionsmittel entziehen oder den Wettbewerb abwürgen, den die deutsche Wirtschaft zu Recht auch zukünftig auf Glasfasernetzen erwarten darf. Wir brauchen einen verlässlichen Regulierungsrahmen und Preisstabilität bei der langen Phase der Migration auf Glasfasernetze“, mahnt Grützner.

Die VATM-Kernforderungen zum Referentenentwurf der Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TK-MoG-E) stehen Ihnen hier zur Verfügung.

1 Stiftung Warentest: „Günstiger zum Handy“, 11/2019, S. 39.

DIALOG CONSULT/VATM: TK-Marktstudie Deutschland 2020

Informationen

Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e.V.

VATM-Geschäftsstelle

Corinna Keim