Gemeinsame Pressemitteilung: Bundesnetzagentur hält weiter an langsamem Kupfer-Internet fest

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Die Bundesnetzagentur (BNetzA) stellt sich mit einem vor wenigen Tagen veröffentlichen Beschluss (BK3e15-011) zur Nutzung der „letzten Meile“, der so genannten Teilnehmeranschlussleitung (TAL), klar auf die Seite der Deutschen Telekom, die ihre Endkunden nach wie vor in erster Linie über Kupferleitungen mit VDSL oder VDSL-Vectoring versorgt. Danach erhält der Bonner Konzern ein Quasi-Monopol über die so genannte Gebäudeverkabelung, über die Kunden vom Zugangspunkt im Keller aus bis in ihre Wohnungen versorgt werden.


Das Problem: VDSL(-Vectoring)- und Glasfaseranschlüsse bis ins Haus (Fibre to the building – FTTB) nutzen auf den letzten Metern im Gebäude dieselben Kupferkabel und stören sich hierbei gegenseitig. Anstelle aber der höherwertigen Glasfaser-Technologie, die symmetrische Gigabit-Bandbreiten ermöglicht, Vorrang einzuräumen und damit auch das Ziel der Bundesregierung (Glasfaseranschlüsse für alle bis 2025) zu unterstützen, gewährt die Bundesnetzagentur den Kupferanschlüssen der Telekom einen weitreichenden Schutz gegenüber ihren auf reine Glasfaser setzenden Mitbewerbern.


Diese haben nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie blenden das von VDSL oder VDSL-Vectoring genutzte Frequenzspektrum aus (während die kupferbasierte Übergangslösung der Telekom unangetastet bliebe), wodurch den Endkunden nach Experten-Schätzungen im worst case nur noch eine Bandbreite von ca. 400 bis 600 MBit/s zur Verfügung stehen und was den Glasfaserausbau damit konterkarieren würde. Oder sie laufen Gefahr, dass ihre Anschlüsse von der Deutschen Telekom – gedeckt von der Entscheidung der BNetzA – von der Nutzung der Gebäudeverkabelung ausgeschlossen und damit abgeschaltet werden, auch wenn sich diese nicht einmal im Eigentum der Telekom befindet.


„Der Regulierer räumt mit seiner Entscheidung der Vergangenheit Vorfahrt gegenüber der Zukunft ein“, geben BREKO-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers und BUGLAS-Geschäftsführer Wolfgang Heer zu Protokoll. So heißt es in dem Dokument unter anderem:
„Für die Verpflichtung zur Zugangsgewährung und damit für die Frage, ob Regelungen zur Endleitung im Standardangebotsverfahren getroffen werden dürfen, kommt es nicht darauf an, ob die Betroffene [die Deutsche Telekom] Eigentümerin der Endleitung ist. Zum Zugang verpflichtet ist nach § 21 TKG nicht der Eigentümer, sondern der (marktmächtige) Betreiber des Telekommunikationsnetzes, also derjenige, der die Funktionsherrschaft über das Netz besitzt. Dies ist im Falle von Endleitungen als Teil der Teilnehmeranschlussleitung die Betroffene.“


„Die Telekom hat bei der Frage der Gebäudeverkabelung die ‚Funktionsherrschaft‘, also die alleinige Verfügungsgewalt, und darf damit höherwertige Glasfaseranschlüsse, die ihr Vectoring-Signal stören, notfalls abschalten“, erläutern Albers und Heer. „Anstatt zukunftssicherer Glasfaser bis in die Gebäude einen klaren Vorrang einzuräumen, wird vielmehr der Telekom ein ‚Bestands- und Vertrauensschutz‘ auf ihre längst abgeschriebene Kupfer-Infrastruktur gewährt.“


Für alternative Netzbetreiber, die reine Glasfaser bis in die Gebäude legen und auf die Nutzung der Gebäudeverkabelung angewiesen sind, hält die Bundesnetzagentur neben der starken Limitierung der Leistung von Glasfaseranschlüssen nur noch folgende Lösung bereit:


„Den Wettbewerbern bleibt es etwa unbenommen, nach entsprechender Übereinkunft mit dem Gebäudeeigentümer eigene Endleitungen im Gebäude zu verlegen und zu nutzen oder beispielsweise eine gemeinsame Nutzung der Verkabelung in Gebäuden im Rahmen von §77k nachzufragen.“


„Die Bundesnetzagentur weiß sehr genau, dass im Falle bestehender Wohngebäude ein Glasfaserausbau bis in jede einzelne Wohnung nicht zeitnah realisierbar ist und es in nahezu keinem Fall bereits entsprechende Glasfaserleitungen gibt, die mitgenutzt werden können“, betonen die Verbandsgeschäftsführer. „Der hier aufgezeigte Weg stellt daher keine realistische Lösung des Problems dar, sondern stellt die Wettbewerber der Telekom vielmehr ins Abseits.“


Als Zielmarke zur Erfüllung der gesetzlichen Regulierungsziele zieht die Entscheidung der Bundesnetzagentur eine Versorgung mit lediglich 50 Megabit pro Sekunde heran. „Beim Ausbau hochleistungsfähiger Netzinfrastrukturen dürfen wir uns aber nicht länger mit diesem überholten Bandbreitenziel zufriedengeben, sondern müssen deutlich ambitionierter werden. Ziel muss es sein, Glasfaser nicht nur in jede Stadt und jede Straße, sondern bis in jedes Gebäude zu bringen. Auch die Bundesregierung will den Netzinfrastrukturwechsel zur Glasfaser. Dieses Ziel muss sich daher künftig stärker im Verwaltungshandeln widerspiegeln“, so Heer und Albers.


Die Bundesnetzagentur wird das Verfahren voraussichtlich im Laufe dieses Jahres abschließen. Die neuen Regelungen zur TAL werden zu diesem Zeitpunkt in Kraft treten. In den kommenden Monaten wird es vor allem noch um die Frage gehen, wie einzelne Punkte konkret in die Praxis umgesetzt werden. Hinsichtlich der dargestellten Problematik erwarten BREKO und BUGLAS jedoch keine wesentlichen (positiven) Änderungen mehr.


Damit wird der Glasfaserausbau in Deutschland erheblich behindert. Albers und Heer: „Auf diese Weise wird die Chance vertan, einen schnellen Glasfaserausbau auch in Bestandsgebäuden zu ermöglichen und die Deutsche Telekom unmissverständlich zu einem zukunftsgerichteten Glasfaserausbau zu motivieren.“