FTTH-Fachtagung in Sachsen-Anhalt: Qualität der Netze, Kostenoptimierung und Finanzierungs- und Förderungsfragen

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Theo Struhkamp auf der FTTH-Tagung in Westeregeln, Sachsen-Anhalt/ LWL Portal

Theo Struhkamp auf der FTTH-Tagung in Westeregeln, Sachsen-Anhalt/ Bild: LWL Portal

Ein Bericht des LWL Portals


Auf Einladung von Herrn Theo Struhkamp (Referatsleiter Breitbandversorgung, Kommunikation der Europa-und Medienpolitik Staatskanzlei Sachsen-Anhalt) fand am 25.03.2015 die FTTH-Fachtagung in der Academy für Passive Netztechnik bei der Wavin GmbH in Westeregeln statt.

Der Name der Veranstaltung war Programm: der Schwerpunkt aller Fachvorträge lag bei der Errichtung von Highspeed-Netzen. Die Referenten konzentrierten sich dabei auf drei wesentliche Schwerpunkte: Qualität der Netze, Kostenoptimierung bei der Errichtung der Netze sowie Finanzierungs- und Förderungsfragen.

Die hohen Investitionskosten einer FTTB/H-Infrastruktur (die vor allen Dingen im Tiefbau entstehen) machen eine lange Nutzungsdauer der entstehenden Netze unbedingt erforderlich. Aus genau diesem Grund sollte bei der Errichtung eines neuen Glasfasernetzes unbedingt auf Qualität in allen Bereichen geachtet werden.

 

Qualität ist entscheidend

So widmete sich Klaus-Dieter Stanko (Wavin GmbH) in seinem Vortrag dem Vermeiden von Fehlern bei der Verlegung von Kabelschutzrohren und betonte, dass es wichtig sei auf die Qualität der eingesetzten Komponenten, z.B. Leerrohren, zu achten. Auch machte er deutlich - dem Veranstaltungsort angemessen - wie wichtig dabei auch die Qualifizierung der Fachkräfte bei der Installation und Verlegung sei. Oftmals sei es nämlich der Fall, dass Leerrohre einfach "mit in den Graben geschmissen werden", ohne auf die nötige Sorgfalt bei der Verlegung zu achten, so Stanko. In diesem Fall gingen die Kostenvorteile der Mitverlegung natürlich verloren.

Da die Tiefbaukosten ein wesentlicher Stellhebel bei der Kostenoptimierung zur Errichtung von Glasfasernetzen sind, nannte Florian Borst (econtech GmbH) in seinem Vortrag einige detaillierte Kosten beim Tiefbau, die sich ganz einfach reduzieren ließen, wenn man sie gleich bei der Planung berücksichtige: dazu gehöre auch das Einbeziehen alternativer Verlegemethoden (z.B. Luftkabel, offener Graben, Bohrspülverfahren, Minitrenching). Hierbei stellte Florian Borst anhand von anschaulichen Videos insbesondere das Einpflügen als eine alternative Verlegemethode vor, wie sie in skandinavischen Ländern schon seit längerem praktiziert werde. Somit könnten die Kosten für den Tiefbau auf weniger als 10€/ lfm gesenkt werden.  

Verpachtungsmodell bei kommunalen FTTB/H-Netzen als Business Case

Dem Thema Business Cases beim Aufbau von FTTH/ FTTB Netzen widmeten sich Herman van Voorst (Deutsche Glasfaser), Axel Schulz (Zweckverband Breitband Altmark) und Rüdiger Kramer (zertifizierter Breitbandberater des Landes Sachsen-Anhalt).

Rüdiger Kramer machte gleich zu Beginn deutlich, dass es für Kommunen im städtischen Umfeld grundsätzlich möglich sei, bei gegebenem Nutzerpotential ein eigenes FTTB/H Netz zu finanzieren, zu bauen und zu verpachten. Die momentanen äußerst niedrigen Zinssätze der Investitionsbanken mit speziellen Breitband-Infrastrukturkrediten stellten dafür eine sehr günstige Gelegenheit dar. "Dabei müssen die Kommunen aber auch den Mut haben, entsprechende Mittel im 1stelligen Millionenbereich als Kredit aufzunehmen.", so Kramer. Geeignete Netzbetreiber, die solche Netze langfristig und kompetent betreiben könnten, gebe es in Sachsen-Anhalt. Mögliche Deckungslücken aus dem Verpachtungsgeschäft ließen sich mit Fördermitteln schließen. Die Pachterlöse sorgten dafür, dass keine weiteren kommunalen Eigenmittel bereitgestellt werden müssten, da diese als kommunaler Eigenanteil bewertet würden. Dem gegenüber sei die Förderung der Wirtschaftlichkeitslücke ungünstiger, da die Kommune hier - neben der Bezuschussung - auch noch einen Eigenanteil leisten müsse.

Mit dem Zweckverband Breitband Altmark zeigte Axel Schulz gleich im Anschluss ein Beispielprojekt auf, das genau dieses Modell verfolgt. Der Zweckverband wurde im Juli 2012 von Städten, Kommunen und Landkreisen der Altmark als erster kommunaler Zweckverband in Sachsen-Anhalt gegründet - Ziel ist die Errichtung eines eigenen kommunalen FTTH-Netzes für die insgesamt 210.000 Einwohner (auf einer Fläche von 4.700 m²). Man rechne mit einer Ausbauzeit von insgesamt fünf bis sechs Jahren. Prämisse des Projekts war, so Schulz, dass die FTTH-Infrastruktur für alle verschiedenen Dienste und Diensteanbieter offen sein sollte. Das entstehende passive Breitbandnetz soll anschließend an einen kommerziellen Netzbetreiber verpachtet werden, da dieses Modell unabhängiger von Fördergeldern mache. Auch Axel Schulz betonte noch einmal, dass ein direkter FTTH-Ausbau durch Kommunen in vielerlei Hinsicht Sinn mache: u.a. sei der aktuelle Finanzierungszinssatz von 0,15% sehr günstig. Dagegen könne ein FTTC-Ausbau, der bezuschusst werde, aber keine Einnahmen bringe, einen notwendigen FTTH-Ausbau wesentlich erschweren.

Nachdem sich Herr Theo Struhkamp vormittags mit der Frage: "Brauchen wir überhaupt Fördermittel für den flächendeckenden Ausbau von FTTH/B-Netzen in Sachsen-Anhalt?" die volle Aufmerksamkeit der über 70 Vertreter aus Kommunal- und Stadtwerkevertretungen gesichert hatte, legte er am Nachmittag dar, dass der sachsen-anhaltinische Ministerpräsident sich hinter die Zielstellung der Bundesregierung, flächendeckend mindestens 50Mbit/s bis 2018 zu erreichen, stelle und dafür weitere Möglichkeiten schaffen werde um den Kommunen Fördermittel zur Verfügung zu stellen. In seinem Vortrag erörterte er dazu die wesentlichen Schritte für die Förderung von Passivnetzen:

1. Markterkundungsverfahren

2. Interessenbekundungsverfahren (IBV)

3. Wettbewerblicher Aufruf/ Ausschreibung

4. Auswahl eines Netzbetreibers/ Konzessionärs

5. VOB-Ausschreibung für den Bau des Passivnetzes

Theo Struhkamp ging anschließend auf verschiedene Fördermöglichkeiten ein, so u.a. auf Europäische Mittel wie EFRE und ELER sowie auf Bundesmittel, wie die zu erwartenden Erlöse aus der Digitalen Dividende II und die 1,1 Mrd. Euro aus dem beschlossenen Investitionspaket, die für ein Bundesprogramm genutzt werden, von dem alle Länder - insbesondere die mit "weißen Flecken" - profitieren können.

Die Finanzierung kommunaler Straßenbaumaßnahmen werde in Zukunft umgestellt auf eine pauschale Förderung - diese Verordnung befinde sich derzeit in der Abstimmung.  Dabei könnten aller Voraussicht nach auch "unrentierliche" Kosten wie die Leerrohrmitverlegung durch Kommunen gefördert werden.

Theo Struhkamp erwähnte zu Beginn dieser FTTH-Tagung, er wolle mit der Veranstaltung "dem Prinzip dieses Breitbandausbaus zu mehr Popularität verhelfen". Mit dem dargebotenen ausgewogenen Mix an Politik, Planung und Praxis an diesem Tag dürfte dies gelungen sein.

Alle Folien der einzelnen Vorträge der Veranstaltung können Sie demnächst auf der Webseite der Staatskanzlei Sachsen-Anhalt abrufen.

Auf der selben Webseite sind die Bürger Sachsen-Anhalts momentan aufgerufen, den eigenen Breitbandbedarf zu melden und damit zur Verbesserung der Versorgung mit schnellem Internet beizutragen.