Fachkongress "Digitale Gesellschaft: Der Erfolgsfaktor für den Wirtschaftsstandort Deutschland"

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Dr. Constanze Kurz auf dem Fachkongress "Digitale Gesellschaft"/ LWL Portal

Dr. Constanze Kurz auf dem Fachkongress "Digitale Gesellschaft"

Am 05.03. fand zum ersten Mal der Fachkongress "Digitale Gesellschaft: Der Erfolgsfaktor für den Wirtschaftsstandort Deutschland" statt. Die Veranstaltung baute auf den Ergebnissen der Studie D21-Digital-Index auf - diese misst die Entwicklung des Digitalisierungsgrads der deutschen Bevölkerung. Dazu zählen ihr Zugang, ihre Kompetenz, ihre Offenheit sowie ihre Nutzungsvielfalt bezogen auf digitale Medien und das Internet.

Nach der Eröffnung der Veranstaltung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, berichtete Dr. Constanze Kurz (Informatikerin, Pressesprecherin des Chaos Computer Clubs) von den Möglichkeiten der Digitalisierung am Beispiel der Robotik. Anschließend übte sie Kritik an der Bundesregierung - wir können es uns nicht erlauben, uns lange in bürokratischen Abläufen zu verstricken: Für eine erfolgreiche Digitalisierung sei es zwingend notwendig, dass schnell Rahmenbedingungen aufgestellt werden und verstärkt die IT-Sicherheit in deutschen Unternehmen verbessert werde, andernfalls nehme die Wirtschaftsspionage rasant zu und Deutschland verpasse den Sprung zur digitalisierten Wirtschaft. Von der Politik sei sie daher bis jetzt enttäuscht und erhofft sich entschiedenere und schnellere Prozesse: "Man kann keine Digitalisierung planen, wenn das Fundament brüchig ist."

Auch Dr. Malthe Wolf (TNS Infratest) geht es mit der digitalen Entwicklung in Deutschland nicht schnell genug voran. Dabei fehle es auch an Sensibilität für digitale Themen. Allein die Tatsache, dass der Ausbau der Breitbandnetze immer noch schleppend vorangehe, bestürze ihn: "Seit 10 Jahren wird über Breitbandausbau gesprochen, seit genau 10 Jahren passiert nichts!". Man müsse jetzt dringend Geld in die Hand nehmen "um das Internet aus der Sackgasse zu holen." Einen dringenden Nachholbedarf gebe es auch bei den digitalen Kompetenzen der Deutschen - laut aktueller Studie der Initiative D21nutzen 20 Mio. Deutsche das Internet wenig bis gar nicht. Der Anteil der Onliner stagniert seit der letzten Erhebung im Jahr 2013. "Stell Dir vor, es ist Industrie 4.0 und keiner kann es", so bringt es Dr. Malthe Wolf in einer Folie seiner Präsentation auf den Punkt.

Dr. Joseph Reger (Fujitsu EMEIA) machte deutlich, dass die deutsche Wirtschaft dringend ihre Wertschöpfungsketten digitalisieren müsse, wenn sie auch zukünftig noch an der Spitze mitspielen wolle - die Produkte blieben dabei weiter analog.

In der anschließenden Paneldiskussion waren die Teilnehmer sich einig, dass die Digitalisierung viele Chancen mit sich bringe. Aufgrund der rasant voranschreitenden globalen Digitalisierung könne es sich Deutschland jedoch nicht erlauben, mehrere Jahre zu diskutieren und abzuwägen bevor Entschlüsse gefasst werden, wie das Land mit der Entwicklung umgehen will. Dr. Constanze Kurz mahnte, dass die Vorstände großer Unternehmen und Banken in Deutschland "noch gar nicht sehen, was da aus dem Silicon Valley auf sie zukommt." Bezahlsysteme fernab klassischer Banken und die viel zitierten selbstfahrenden Google-Automobile seien nur zwei Beispiele der sich rasant verändernden Wirtschaftswelt, bei denen alteingesessene deutsche Unternehmen plötzlich den Anschluss verlieren könnten. Es müsse jetzt gehandelt werden.  

Peter Batt (Bundesministerium des Innern) wies auf einen weiteren Unterschied zwischen der Digitalisierung und anderen bisherigen Entwicklungsprozessen der Zivilisation hin: es sei wahrscheinlich das erste Mal, dass ältere Generationen etwas von der jüngeren Generation lernen müssten, das sei eine komplett neue Situation, in der beide Seiten sich unterstützen müssen. 

Es war insgesamt eine spannende Veranstaltung, in der verschiedene Aspekte aufgezeigt wurden, die die Digitalisierung voranbringen können oder wiederum von der Digitalisierung beeinflusst werden.

Klar wurde noch einmal, dass diese Bewegung bereits im vollen Gang ist und nicht mehr aufgehalten werden kann. Daher rührten auch die verschiedenen Appelle an Politik und Wirtschaft, digitale Themen wie IT-Sicherheit und die Aneignung digitaler Kompetenzen schnell und entschieden voranzutreiben. Auch die Dringlichkeit des konsequenten Breitbandausbaus hat Hannes Schwaderer, Präsident der Initiative D21, am Ende noch einmal betont. Es mache ihn  traurig, dass nach 15 Jahren Breitbandgipfel immer noch über die Notwendigkeit von Breitbandnetzen diskutiert werden müsse. "Damit Deutschland eine Vorreiterrolle als digitaler Wirtschaftsstandort einnehmen kann, müssen wir noch viel tun. Insbesondere im Hinblick auf digitale Verwaltungsangebote, Internetkompetenzen und bei der Offenheit gegenüber neuen Technologien und Anwendungen können wir uns noch deutlich verbessern.”, so Schwaderer abschließend.

Die komplette Studie mit allen detaillierten Ergebnissen finden Sie auf der Webseite der Initiative D21.