Deutsche Telekom will sich von Regulierung freikaufen

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Pressemitteilung BREKO e.V.


BREKO: Regulierungsentscheidungen müssen unabhängig von Investitionsankündigungen bleiben

Der Bundesverband Breitbandkommunikation warnt im Vorfeld des in Kürze erwarteten Entscheidungsentwurfs der Bundesnetzagentur (BNetzA) zum Einsatz von VDSL2-Vectoring in den Nahbereichen rund um die bundesweit knapp 8.000 Hauptverteiler (HVt) vor einer Re-Monopolisierung zugunsten der Deutschen Telekom. Diese will sich ganz offensichtlich das exklusive Ausbaurecht im so genannten HVt-Nahbereich (ein Gebiet in einem Radius von etwa 550 Meter um den jeweiligen Hauptverteiler) durch die Abgabe einer Investitionszusage erkaufen. Diese Investitionszusage könnte die Deutsche Telekom im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrags mit der BNetzA fixieren.

Der Bonner Ex-Monopolist hatte Ende Februar einen entsprechenden Antrag bei der Bundesnetzagentur (BNetzA) eingereicht und öffentlich angekündigt, er könne „weitere 5,9 Millionen Haushalte mit superschnellen Internetanschlüssen“ versorgen und wolle „rund eine weitere Milliarde Euro“ investieren. Aktuell versorgt die Deutsche Telekom an den mit VDSL2 erschlossenen Hauptverteilern allerdings nur 6,4 Prozent der von ihr proklamierten, maximal erreichbaren „weiteren 5,9 Millionen Haushalte“ – nämlich gut 376.000 Kunden.

Hinzu kommt: Nach Recherchen des BREKO können schon heute rund 70 Prozent der von der Deutschen Telekom genannten 5,9 Millionen maximal erreichbaren Haushalte, die in einem mit VDSL2 erschlossenen HVt-Nahbereich liegen, einen Breitbandanschluss mit mindestens 40 MBit/s – in der Mehrzahl aller Fälle sogar mindestens 50 MBit/s – bestellen. Nur rund 17 Prozent der bundesweit rund 41.500 Kabelverzweiger in HVt-Nahbereichen liegen nach Zahlen des BREKO tatsächlich im ländlichen Raum.

Die Bundesnetzagentur hatte am Donnerstag das Ergebnis eines von ihr im Zuge des Verfahrens zum Einsatz von VDSL2-Vectoring im HVt-Nahbereich beauftragten, wissenschaftlichen Gutachtens veröffentlicht. Darin kommt der im Wissenschaftlichen Arbeitskreis für Regulierungsfragen (WAR) vertretene Jurist Prof. Dr. Kühling zu dem Ergebnis, dass ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen Bundesnetzagentur und Deutscher Telekom grundsätzlich möglich sei. In einem solchen Vertrag würde sich die Telekom zu dem von ihr angekündigten Ausbau verpflichten. Der BREKO befürchtet, dass sich diese Verpflichtung bei der anstehenden Entscheidung der BNetzA zu Gunsten der Telekom auswirken wird. Die Regulierungsbehörde selbst hat angekündigt, „mit der Telekom in nächster Zeit den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zu erörtern“.

„Es kann nicht sein, dass sich ein Ex-Monopolist mit noch immer erheblicher Marktmacht eine Regulierungsentscheidung zu seinen Gunsten quasi erkauft“, stellt BREKO-Präsident Norbert Westfal unmissverständlich klar.

Der BREKO geht davon aus, dass sich die Bundesnetzagentur trotz des erheblichen Drucks, der aktuell von verschiedenen Seiten auf sie ausgeübt wird, nicht auf eine Entscheidung zulasten von Bürgern und Unternehmen in Deutschland einlassen wird. „Wir setzen darauf, dass die Bonner Regulierungsbehörde eine unabhängige Entscheidung treffen und sich nicht auf einen politisch gewollten Deal einlassen wird“, sagt Norbert Westfal. Der Verbandspräsident stellt klar: „Eine Re-Monopolisierung der Infrastruktur in den HVt-Nahbereichen würde langfristig Privat- und Geschäftskunden durch steigende Preise und sinkende Qualität treffen.“

Der führende deutsche Breitbandverband stellt die deutlich bessere Alternative vor: „Es wäre erheblich sinnvoller, vorrangig die wenigen unterversorgten HVt-Nahbereiche mit nachhaltigen und zukunftssicheren Glasfaserleitungen bis ins Haus (FTTB) oder bis in die Wohnung (FTTH) auszubauen“, erläutert BREKO-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers. „Daneben sind die Mitgliedsunternehmen des BREKO schon heute in zahlreichen Ausbauprojekten bundesweit aktiv daran beteiligt, schnelle Glasfaseranschlüsse vor allem in ländlichen und unterversorgten Regionen möglichst flächendeckend auszurollen.“

Dieser besonders wichtige Glasfaserausbau würde nach der durch die Deutsche Telekom  geplanten Erschließung mit VDSL2-Vectoring massiv erschwert bis unmöglich: „Auf diese Weise entstehen ‚Bandbreiten-Inseln‘, in deren Umfeld nur noch extrem unwirtschaftliche Randgebiete zurückbleiben“, schildert BREKO-Präsident Norbert Westfal. „Diese Maßnahme ist demzufolge ungeeignet, eine digitale Spaltung der Gesellschaft zu verhindern – sondern fördert diese sogar noch, da in diesen Bereichen meist nur Internet-Anschlüsse mit wenig Bandbreite und zudem keine weiteren Alternativen verfügbar sind.“