Breitbandforum Mecklenburg-Vorpommern: "Wir wollen maximal Glas."

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Teilnehmer Breitbandforum Mecklenburg-Vorpommern

Das Breitbandforum Mecklenburg-Vorpommern war bis auf den letzten Platz besetzt.

Eckhard Riege auf dem Breitbandforum MV

Eckhard Riege (Leiter des Referats „Digitale Infrastruktur, Breitband" im Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung) gab einen detaillierten Einblick in die Breitbandstrategie des Landes

Diskussionsrunde Breitbandforum MV

Diskussionsrunde mit Theo Struhkamp (Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung Sachsen-Anhalt), Rainer Helle (Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie Schleswig-Holstein), Moderatorin Dr. Imke Germann (MRK Media AG), Wolfgang Heer (BUGLAS e.V.), Eckhard Riege (Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung) und Susanne Coordt (eGo-MV) v.l.n.r.

Ein Bericht des LWL Portals


Mecklenburg-Vorpommern schneidet beim Breitbandausbau im Ländervergleich nicht gerade gut ab - mit einem viertletzten Platz kann man die Breitbandversorgung wohl eher als mangelhaft oder stark ausbaufähig bezeichnen. Vor kurzem hat sich der Wind aber gedreht.

Für das Breitbandförderprogramm des Bundes hat Mecklenburg-Vorpommern frühzeitig mit den Vorbereitungen begonnen und sich so mit 77 vorläufig bewilligten Förderbescheiden über 709 Mio. Euro Fördermittel des Bundes gesichert - insgesamt also mehr als stolze 53% aller vorläufigen Bewilligungsbescheide des Bundes aus dem 1. und 2. Call. Rechnet man den Zuschuss durch das Land selbst hinzu, kommen so 1,1 Milliarden Euro zusammen, die in den nächsten Jahren in den Breitbandausbau von Mecklenburg-Vorpommern fließen. Im Gegensatz dazu konnte sich Brandenburg z.B. bisher nur 0,8% sichern.

Mit Spannung wurde daher auch das erste Breitbandforum Mecklenburg-Vorpommern erwartet, das am 29. September in Schwerin stattfand. Mit insgesamt über 150 Teilnehmern, Ausstellern und Referenten war die ansässige IHK als Veranstaltungsort bis auf den letzten Platz gefüllt.

"Wir rollen das Feld von hinten auf"

In seinem Einstiegsvortrag erörterte Eckhard Riege, Leiter des Referats „Digitale Infrastruktur, Breitband" im Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung, das Vorgehen des Landes bei der Beantragung der Fördermittel und gab einen detaillierten Einblick in die Breitbandstrategie des Landes. Schritt für Schritt schlüsselte er alle bislang durchlaufenen Prozesse auf.

So sei man bei der Vorbereitung und Beantragung der Förderanträge nach dem Top-Down Ansatz vorgegangen. "Die Landesregierung hat die Bedeutung des Breitbands frühzeitig erkannt", machte Riege deutlich. Trotz der leeren Kassen wollte das Land die Fördermittel des Bundes kofinanzieren. Skeptikern, die dem Vorhaben zu Beginn entgegneten: "Warum sollen wir uns denn anstrengen? Es gibt doch sowieso kein Geld", entwaffnete Eckhard Riege nach eigener Aussage mit den Worten: "Wenn wir uns nicht anstrengen, dann bekommen wir auch keins."

Als bekannt wurde, dass der Bund ein Förderprogramm plane, wurden im Juli 2015 alle Beteiligten an einen Tisch geholt, um gemeinsam an einem Strang zu ziehen, so Riege. Nun seien alle fasziniert vom Thema Breitband. Nachdem man das ganze Bundesland mit einem Markterkundungsverfahren überzogen habe, seien die insgesamt 95 Cluster entstanden, die momentan in der flächendeckenden Planung vorgesehen sind. Der erste Landkreis bereitet momentan das Ausschreibungsverfahren vor.

Nach der Umsetzung aller Projekte aus dem 1. und 2. Call würde die landesweite Breitbandversorgung mit ≥ 50 Mbit/s planmäßig von derzeit 52,5% auf 79% ansteigen. Mecklenburg-Vorpommern dürfte damit im Länderranking auf dem vierten Platz landen, gleich hinter Berlin.

Wirtschaftlichkeitslücke vs. Betreibermodell

In der anschließenden Diskussionsrunde, an der u.a. auch Rainer Helle (Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie des Landes Schleswig-Holstein), Theo Struhkamp (Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung des Landes Sachsen-Anhalt) und Wolfgang Heer (BUGLAS e.V.) teilnahmen, wurden natürlich auch die unterschiedlichen Ansätze beim Breitbandausbau thematisiert. Rainer Helle warb noch einmal eindrücklich für das Betreibermodell, das in Schleswig Holstein der präferierte Weg ist, um ein flächendeckendes Glasfasernetz im Land auszubauen. Hierbei baut z.B. eine Kommune oder ein Zweckverband selbst ein Glasfasernetz und sucht einen geeigneten Pächter, der das Netz dann betreibt. Netzinfrastruktur und Dienste werden also getrennt. Im Gegensatz zum Modell der Wirtschaftlichkeitslücke, das bei den Förderanträgen aus Mecklenburg-Vorpommern hauptsächlich vorangetrieben wird, bleibt die Kommune oder der Zweckverband Eigentümer des Netzes. In Mecklenburg-Vorpommern verfolgt einzig der Zweckverband Rügen das Betreibermodell.

Trotz der Dynamik, die das Bundesförderprogramm beim Breitbandausbau bewirkt, gibt es im Podium auch Kritik am Programm. Die Zielstellung sei nicht richtig gesetzt, statt des geforderten Bandbreitenziels von mind. 50 Mbit/s, wäre ein klares Infrastrukturziel die bessere Variante und hätte den Bau von zukunftsträchtigen Technologien, wie FTTB/ FTTH (Glasfaser bis zum Gebäude/ bis in die Wohnung) entschiedener vorangetrieben, waren sich Wolfgang Heer und Rainer Helle einig. Nun bestünde die Gefahr, dass mit Fördergeldern veraltete Technologien (Kupfernetze) finanziert würden und in wenigen Jahren erneut Geld in die Hand genommen werden müsse, weil diese Netze schon in naher Zukunft dem wachsenden Bandbreitenbedarf nicht mehr standhalten könnten.

Theo Struhkamp begrüßt die Ziele der Bunderegierung: Hauptsache wäre doch, dass die Ziele bis 2018 erreicht würden. Bis dahin wäre FTTC (Glasfasernetze bis zum Kabelverzweiger) seiner Meinung nach ausreichend. Alles darüber hinaus könne das Telekommunikationsunternehmen oder die Kunden bezahlen. Rainer Helle hielt dagegen und betonte, dass FTTC nur ein Zwischenziel bei der Breitbandstrategie sein könne - darüber hinaus müsse es eine Strategie geben, wie es mit dem Ausbau weitergehe.

Eckhard Riege warf ein, dass der flächendeckende Ausbau für ganz Mecklenburg-Vorpommern bei den Förderanträgen von vornherein die oberste Priorität gehabt hätte. Die Beantragung der Förderung der Wirtschaftlichkeitslücke wäre einfach der schnellste und effektivste Weg gewesen, um Prozesse in der Verwaltung zu beschleunigen und sich schnell so viele Fördergelder wie möglich zu sichern. Ziel sei es aber, "maximal Glas zu legen", so Riege und sagte weiter: "Wenn die anschließenden Ausschreibungen richtig gestaltet werden, gewinnt Glas gegen Vectoring".

Das Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung will den gesamten Breitbandausbau im Land eng begleiten und die Zusammenarbeit mit den Landkreisen auch weiter intensiv betreiben. Dafür betreut und berät das Breitbandkompetenzzentrum des Landes - der eGo-MV - die Zuwendungsempfänger intensiv.

Zum Abschluss der Veranstaltung spornte er alle Teilnehmer des Breitbandforums noch einmal an und rief dazu auf, sie sollten sich, wie das Land, "breitbandeuphorisieren" lassen und optimistisch an das Vorhaben gehen, auch wenn es für einige Neuland wäre. Optimisten wären schließlich immer diejenigen gewesen, die die Welt verändert hätten. Deshalb solle man sich auch nicht von Skeptikern abschrecken lassen.

Die Vorträge zum Breitbandforum Mecklenburg-Vorpommern finden Sie hier.